14
Jul
2017
7

Masterclass bei Steffen Böttcher

Ich könnte jetzt – wie viele andere vor mir – vom tollen Essen schwärmen, von der Mystik, die das Heidestudio umgibt … vom oft erwähnten Feenstaub. Darüber, dass ich Abends nicht richtig einschlafen konnte, weil mein Kopf einfach zu voll war. All das habt ihr schon oft genug über die Masterclass beim Steffen Böttcher gelesen. Das muss ich jetzt nicht nochmal wiederholen. Vielmehr möchte ich mit einer kleinen Geschichte beginnen, die ich heute auf meiner Fahrt nach Hause gehört habe:

Ein Mann sitzt am frühen Nachmittag am Meer, genießt die Sonne  und liest ein Buch.

Ein vorbeikommender Geschäftsmann geht zu ihm und  fragt, ob er denn keine Arbeit habe?

Der Mann antwortet, das er Fischer sei. Er fährt jeden Morgen mit dem Boot hinaus, fängt Fisch, verkauft diesen dann Mittags auf dem Markt und den Rest des Tages hat er dann frei.

Der Geschäftsmann überlegt kurz und schlägt vor: Wenn du den Nachmittag auch fischen würdest, könntest du mindestens die doppelte Menge an Fisch fangen. Du könntest mehr verkaufen und dir irgendwann ein größeres Boot holen. Mit dem größeren Boot könntest du noch viel mehr Fisch fangen, du könntest Leute einstellen, welche dir helfen, den  Fisch zu fangen.

Du könntest ein zweites Boot irgendwann hinzukaufen. Der Geschäftsmann kommt bereits ins träumen und überlegt sich immer neue Ideen, weiter zu  wachsen.

Der Fischer hört aufmerksam zu, und in einer kurzen Redepause fragt er den Geschäftsmann, warum er dies denn alles auf sich nehmen solle? Verwundert antwortet dieser: Na wenn du irgendwann mehrere Boote hast und genug Fisch fängst, kannst du weniger arbeiten, tun was immer du liebst und dein Leben genießen.

Der Fischer entgegnet nur: Aber genau das tue ich doch jetzt  schon.

 

Eines sollte man wissen, wenn man die Masterclass besucht. Hier ist kaum Platz für „Blende, Verschlusszeit & Co.“ Es geht um´s „Sehen und Fühlen.“ Nicht um Dinge, die man in jeder Fotozeitung oder Forum nachlesen kann. Noch nie haben mich so wenig technische Informationen so weit gebracht wie hier. Schon am ersten Abend wird mir klar, dass es hier um mich selbst geht. Wenn ich – während ich hier schreibe – so darüber nachdenke, dann kam es mir im Nachhinein garnicht wie ein „Workshop“ im klassischen Sinne vor. Ich konnte mir nach dem ersten Tag garnicht mehr vorstellen in einem miefigen Konferenzraum zu sitzen und mir technisches Geschwafel anzuhören. Was habe ich meine wertvolle Lebenszeit damit verschwendet in Fotoforen und Facebook-Gruppen unnützes Wissen anzuhäufen und unnötige Fragen zu stellen. Da setzt Steffen plötzlich ein Licht auf das Model, löst aus und ….“Geil“

Woran liegt das nun ? Liegt das tatsächlich nur an seiner dollen Mittelformat-Pentax die wir alle sabbernd in der Hand halten dürfen ? An der geilen Festbrennweite ? Nö – auch nicht. Es liegt vielmehr an seiner Art mit dem Model umzugehen. Seine Ausstrahlung, die dir direkt das Gefühl gibt: „Yes, er liebt was er tut“ Und schlagartig merke ich, wie vielen Bildern man ansieht: „Ich hab nicht viel Zeit, noch weniger Lust und ich will mal eben 150 Euro abgreifen“ Es ist eine Wonne ihm beim Reden zuzuhören und wenn er lacht, dann sieht man Ihm an, wie sehr er Energie aus dem schöpft was er tut.

 

„Wie wirken Menschen auf sie, die das tun was sie gerne tun ?“    –  „Sie……sie wirken……glücklich“

Dieses Zitat aus dem Hörbuch passt auch sehr treffend. Du musst irgendeine Form von Glück innehaben um dich so zu öffnen, dass auch die entsprechenden Fotos dabei herauskommen.

Zugegeben, man könnte meinen, wir waren in der Mindclass und ich weiß auch nicht, wieviel Steffen hier hat rüberschwappen lassen. Aber es war genau die richtige Mischung aus „Ich zeig euch was“ und „Ihr macht jetzt was“.

Bei der Bildreview komme ich überraschend gut weg und im Einzelgespräch mit Steffen bringt er in zwei Sätzen auf den Punkt, was genau mein Problem ist. Ich habe mir fest vorgenommen, diesmal nicht zu heulen und ich schaffe es, mich unter Kontrolle zu halten. Aber ich bin mir sicher, dass er es verstanden hätte – hätte ich es nicht geschafft.

Die Gruppe bestehend aus Anja, Ulrich, Edmund, Steffen(ein Anderer 🙂 ) und mir ist super entspannt und wir verstehen uns richtig gut. Wir sitzen Abends zusammen und grillen. Der Garten rund um das Heidestudio gleicht einem Wald und ich merke, wie sehr ich Freiraum brauche um atmen zu können. „Schaffe dir ein kreatives Umfeld“ sagt Steffen und ich weiß genau, was er damit meint.

Bei der Aufgabenstellung am zweiten Tag ( Entwicklung einer Attribut-Liste, Moodboard und anschliessende Präsentation für eine Shooting-Idee mit Steffen und einem Model ) verkacke ich mal so richtig und merke erneut, dass Kommunikation mit dem Model und Vorbereitung so unglaublich wichtig sind. Mag sein, dass man mal ad-hoc ein paar Ideen abrufen kann – aber wie Steffen schon sagt: „Alter, wenn ich 400,00 € für ein Bild ausgebe, dann muss da was geiles bei rumkommen – denk groß, Junge !“ Ich merke, dass Kritik ( auch berechtigt ) mich immer noch trifft, wenn sie dann kommt. Eine Sache, die ich unbedingt noch verbessern muss. Wieso bin ich nur so ein Softie ? 😀

Immerhin konnte ich Ihn dann im zweiten Anlauf mit meiner Idee eines Helmut Schmidt Bildes kriegen und hab dafür sogar ne 2 bekommen 😀

 

Es würde der Masterclass nicht gerecht werden, wenn man sie als reinen Workshop zu beschreiben versucht. Jeder nimmt das für sich daraus mit, was er für richtig hält und was ihm nützt. Einer kauft sich ne neue Kamera, der andere ein schickes DEDO-Light – ich habe für mich herausgefunden, dass der Schlüssel für gute Bilder garnicht da zu finden ist, wo manche ihn suchen. Klar, die Technik muss stimmen und auch ich gebe zu, dass die Bilder, die aus der Pentax kommen sich extrem abheben von den unseren aber ich habe auch offen zugegeben, dass ich am zweiten Tag bei der Aufgabenstellung auch MIT Pentax völlig verpackt hätte. Diese Erkenntnis ist mehr wert, als neue Objektive, Kameras oder was weiß ich. Die Anstöße, die Steffen gegeben hat, die Ideen, die mir jetzt durch den Kopf flattern, die Art und Weise mit den Kunden umzugehen, ein Shooting zu entwicklen – das alles war so weit weg von Kameratechnik, dass man es schon garnicht mehr sehen konnte. Und diese Erkenntnis hat mich sehr glücklich gemacht.

 

Ein letztes Zitat aus dem Hörbuch welches mich dann auch langsam zum Ende kommen lässt:

 

„Viele Menschen verschwenden Ihre Lebenszeit um sich darauf „vorzubereiten“

im Ruhestand das zu tun, was sie gerne tun – anstatt es JETZT zu tun !

Ich sitze am letzten Abend – alle sind schon im Bett – alleine unten im Heidestudio … ein Ort von dem ich mir viel versprochen habe und nicht enttäuscht wurde. Aber anders als manche denken hat mich Steffen nicht an die Hand genommen und gesagt: „Du machst nun dies und dann passiert das…“   – nein, vielmehr hat er mir die Tür aufgehalten. Durchgehen muss ich alleine.  Ich trinke Gin-Tonic – zum ersten mal in meinem Leben und zum sechsten mal an diesem Abend. Die kleine Limetten-Scheibe funkelt und glitzert im Schein der Tischlampe und ich frage mich, was ich nun wirklich aus diesem Workshop mitnehme. Werde mir schon morgen bessere Bilder gelingen ? Nicht unbedingt – aber nun weiß ich woran ich arbeiten muss.

Schlagartig habe ich keine Angst mehr, denn mir ist klar geworden, dass man glücklich sein muss um gute Bilder zu machen ( ich zumindest ). Wer auch immer das hier lesen wird – einige werden jetzt gleich die Augenbrauen hochziehen.

Am 18. Februar 2018 endet mein offizielles Arbeitsverhältnis und was auch immer danach passieren wird, ich werde später mit Stolz auf mich zurückblicken können und mich nicht am Ende meines Lebens fragen: „Was wäre passiert, wenn ich immer das getan hätte, was mich glücklich macht.“

Danke lieber Steffen für die Dinge, die du mir gesagt hast und für mich getan hast (ohne es zu wissen). Bisher hat es niemand geschafft mir die Augen so zu öffnen, dass ich auch was sehen konnte. Danke !!!

// Life is about saying´ YES 😉  //

 

 

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